Grundsätzlich gilt: Gutes Kauen ist optimale Vorarbeit für eine gut funktionierende Verdauung. Unsere moderne Ernährung mit einem steigenden Anteil an weichen und hoch verarbeiteten Lebensmitteln hat viele Menschen „kaufaul“ gemacht. Während weiche Nahrung tatsächlich weniger intensiv gekaut werden muss, kann zu viel Bequemlichkeit und fehlende Achtsamkeit beim Kauen der Verdauung Probleme bereiten – gerade auch bei der Verwertung naturbelassener und gesunder Lebensmittel. Es erleichtert Magen und Darm die Arbeit, wenn knackiges Gemüse, frisches Obst, Körnerbrot oder auch das kernige Stück Fleisch durch bewusstes Kauen gut zerkleinert sind. Man kann es auch umgekehrt formulieren: Wenig zerkleinerte, achtlos hinuntergeschlungene Bissen bedeuten für die Verdauung Schwerstarbeit. Das kann Bei Menschen mit empfindlicher Verdauung oder bestehenden Störungen durchaus zu einer Verstärkung der Beschwerden führen.

Wie oft sollte man nun jeden Bissen kauen. Die Empfehlungen dazu sind sehr unterschiedlich und schwanken zwischen 20 und 50 Mal. Einen medizinisch definierten Wert gibt es nicht. Wer jeden Bissen zwischen 20-und 30-Mal kaut, macht in jedem Fall alles richtig. Wer sein Essen bisher geschlungen hat, kommt allerdings nicht von heute auf morgen von null auf hundert und muss konsequent üben, bis er den Zielwert erreicht. Experten raten in solchen Fällen dazu, mit ungefähr 15 Mal Kauen zu beginnen und sich mit der Zeit langsam zu steigern. Als gute „Trainingspartner“ eignen sich insbesondere Lebensmittel, bei denen Kauen auch nötig ist wie z.B. Körner, Nüsse, Möhren, Äpfel. Weiche Speisen, wie Pudding sollten eher vermieden werden, wenn man gutes Kauen trainieren möchte

Der Begriff Verdauung bezeichnet im Grunde die Zerkleinerung und Aufspaltung der dem Körper zugeführten Nahrungsmittel in ihre Bestandteile. Dieser Vorgang ist wichtig, damit die Nährstoffe aus dem Darm an das Blut weitergeleitet werden können. Mit dem Blutstrom gelangen die Nährstoffe dann in die einzelnen Körperzellen. Für die Zähne ist das Zerkleinern der Nahrung ein Leichtes ist, für Magen und Darm ist es bei wenig zerkleinerten Lebensmittelstücken Schwerstarbeit. Durch das Kauen und im Speichel enthaltene Verdauungsenzyme beginnt die Zerlegung der Nahrung in eine verdauungsgerechte Konsistenz bereits im Mund, mit der Folge, dass die Nährstoffe aus dem Speisebrei von Magen und Darm sehr viel leichter verdaut und aufgenommen werden können. Dadurch kommt es seltener zu Problemen wie Sodbrennen, Blähungen oder Verstopfung, die zu den klassischen Reizdarmbeschwerden gehören. Wer zu wenig kaut, macht es Magen und Darm unnötig schwer, die Nahrung in ihre Bestandteile zu zerlegen und Nährstoffe aufzunehmen. Dabei übernimmt der Magen die Vorarbeit und der Darm vollendet das Werk. Der Speisebrei wird schneller aus dem Magen entleert und die Entstehung von unangenehmen Völlegefühlen wird dadurch verhindert. So entlastet gutes Kauen den Magen-Darm-Trakt bei seiner Verdauungsarbeit, was gerade für Reizdarmpatienten hilfreich und wichtig ist.

Wer länger und gründlich kaut, isst in der Regel auch weniger. Normalerweise stellt sich ein Sättigungsgefühl erst nach etwa 15 Minuten ein. „Schnell-Esser“ können in dieser Zeit schon eine ganze Menge hinunterschlingen, bevor sie sich überhaupt satt fühlen könnten. Wer gründlich kaut und dadurch langsamer isst, kann nach 15 Minuten mit einer viel geringeren Menge schon satt sein und hat damit dann eben auch deutlich weniger Kalorien zu sich genommen. Experten zufolge kann man allein durch gutes Kauen pro Jahr bis zu 10 Kilogramm abnehmen, ohne auch nur eine weitere Lebensgewohnheit zu ändern.

Dr. Friedhelm Mühleib

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