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Stuhltests zur Mikrobiom-Analyse: teuer und sinnlos

 
 

Wer leidet, greift nach jedem Strohhalm, der Hilfe verspricht. Deswegen wundert es nicht, dass gerade auch Reizdarmpatienten empfänglich für Angebote sind, die eine Lösung ihrer Probleme versprechen. Vor allem im Internet bieten in jüngster Zeit teils obskure Anbieter und Labore vermehrt Stuhltests zur DNA-Analyse der Darmflora an und leiten aus den Ergebnissen Ernährungs- und Handlungsempfehlungen ab. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) rät davon ab, derartige Stuhltests zur Untersuchung des Mikrobioms zu nutzen. Den teuren Analysen, die in der Regel aus eigener Tasche bezahlt werden müssen, fehle nach dem Urteil der Experten der Fachgesellschaft nach wie vor die wissenschaftliche Grundlage.

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Was können Stuhltests?

Das Darm-Mikrobiom ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Wissenschaft geraten. Auch in der Öffentlichkeit stößt die Thematik auf großes Interesse. Denn immer mehr Untersuchungen zeigen, dass die Millionen Mikroorganismen, die unseren Darm besiedeln, nicht nur unverzichtbare Dienste bei der Verdauung und Verwertung der Nahrung leisten, sondern die Zusammensetzung dieser Mikroorganismen auch eine Rolle bei der Entstehung verschiedenster Erkrankungen – von Herz-Kreislauf-Leiden, psychischen Störungen bis hin zu Reizdarm und anderen Erkrankungen des Verdauungstraktes – spielt. Deshalb haben Stuhltests in vielen Bereichen der Gastroenterologie ihren festen Platz: Etwa in der Darmkrebsvorsorge, wo mit dem IFOB-Test verstecktes Blut im Stuhl aufgespürt wird. Auch wenn es um die Diagnose chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen geht, sind Stuhltests sinnvoll. So kann ein erhöhter Calprotectin-Wert bei Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, aber auch bei akuten Infekten erhöht sein. Da der Calprotectin-Wert bei Reizdarm nicht erhöht ist, ist seine Bestimmung eine wichtige Hilfe, um zwischen organischen Ursachen von Bauchbeschwerden und einer funktionellen Ursache wie z. B. dem Reizdarmsyndrom zu unterscheiden. Inzwischen lässt sich auch die DNA von Darmbakterien lässt sich aus dem Stuhl isolieren und analysieren. Dies lässt sich inzwischen z.B. bei der Diagnostik einzelner Krankheitserreger wie Clostridium difficile nutzen. Darüber hinaus gehende Versprechungen bezüglich diagnostischen Nutzens sind jedoch kritisch zu beurteilen.

 
 

Verbindung von Mikrobiom und Erkrankung noch unklar

Als besonderen Vorteil ihrer Untersuchung stellen die Anbieter häufig heraus, dass sie dazu in der Lage sind, die gesamte individuelle Mikrobiom-DNA des jeweiligen Patienten zu bestimmen und damit alle Bakterien zu erfassen. Aber: „Eine Analyse des gesamten Spektrums der Mikroorganismen im Darm ist weitgehend sinnlos, da die Zusammensetzung des Mikrobioms und eventuelle Krankheitssymptome nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben“, sagt Prof. Stefan Schreiber vom Kieler Universitätsklinikum und ergänzt: „Die Mikrobiom-Forschung steht noch relativ am Anfang: Welche Korrelationen bestehen und wie sie sich im Einzelfall auswirken, ist derzeit noch nicht ausreichend bekannt. Darüber hinaus liefert die Analytik auch noch keine konsistenten Ergebnisse, die zwischen verschiedenen Laboren vergleichbar wären.“ Die bakterielle Zusammensetzung der Darmflora kann individuell höchst unterschiedlich ausfallen und ist zudem ständig kurzzeitigen Schwankungen unterworfen, etwa durch die Einnahme von Medikamenten, durch bestimmte Nahrungsmittel oder auf Reisen. „Aus bakteriellen Verschiebungen, die sich in solchen Stuhltests möglicherweise zeigen, lässt sich deshalb noch lange kein krankhafter Zustand oder ein Zusammenhang mit einer chronischen Erkrankung herleiten“, so Schreiber.

Ergebnisse lassen keine Empfehlungen zu

Dennoch würden aus den Ergebnissen von Darmflora-Stuhltests oft Ernährungs-empfehlungen abgeleitet, die die Lebensqualität des Patienten einschränken und im schlimmsten Fall sogar zu einer Mangelernährung führen könnten. Die Kosten für solche Tests, die laut DG mitunter mehrere hunderte oder tausende Euro betragen, werden von den Krankenkassen regelmäßig nicht übernommen. Oft werden diese Tests im Internet, manchmal auch als sogenannte IGeL, individuelle Gesundheitsleistungen, beim Arzt angeboten. Die genauen Zusammenhänge zwischen Ernährung, Mikrobiom, Darmgesundheit und dem Zustand anderer Organe seien bislang jedoch nur unzureichend verstanden. Vor allem die mit dem Mikrobiom in Verbindung gebrachten molekularen Prozesse, die zur Entstehung so unterschiedlicher Krankheiten wie Entzündungen, Leberzirrhosen, Krebserkrankungen, koronarer Herzkrankheit und auch Reizdarm beitragen, müssen noch genauer erforscht werden.

 
 
 

Auf die Stimme des Körpers hören

Noch lässt sich keine genaue Aussage darüber treffen, wie ein Mikrobiom optimal aussehen sollte. Auch wenn die Zusammensetzung einer individuellen Darmflora deutlich vom Durchschnitt abweicht, bedeutet dies noch nicht unbedingt, dass eine wie auch immer geartete Erkrankung vorliegt. Entsprechend ist auch die Vorstellung, man müsse fehlende Stämme einfach ersetzen, um therapeutische Effekte zu erzielen, zu kurz gedacht. Bei Menschen, die auf Grund von Reizdarmbeschwerden z.B. ihre Ernährung auf ballaststoffreiche Kost umstellen und/oder probiotische Lebensmittel bzw. Probiotika zu sich nehmen, ließe sich anhand der DNA Analyse ermitteln, ob und wie sich die bakterielle Vielfalt des Mikrobioms im Laufe der Umstellung verändert. Diagnostische bzw. therapeutische Aussagekraft hätten solche Ergebnisse derzeit allerdings nicht. Diesbezüglich macht es für Betroffene in jedem Fall mehr Sinn, auf die Veränderung der Symptome zu achten. Wer etwa Probiotika verwendet und nach ausreichend langer Einnahmedauer eine Linderung der Beschwerden feststellt, kann auf die DNA-Analyse des Mikrobioms per Stuhltest getrost verzichten.


Dr. Friedhelm Mühleib

 
 

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